31.10.2005
Von F.
William Engdahl
William F. Engdahl, Publizist und Autor, stellte am diesjährigen XIII. Kongress «Mut zur Ethik» in Feldkirch sein neuestes Buch «Die Saat der Zerstörung. Die Geopolitik des Gen-ozids» vor. (In Kroatien ist es bereits auf Platz 1 der Bestsellerliste; es erscheint demnächst in deutscher und englischer Sprache.) Mit seinem alarmierenden Bericht über den Zusammenhang von Gen-Food und Frieden leistete er einen wichtigen Beitrag zum diesjährigen Thema des Kongresses «Was braucht es für mehr Frieden auf der Welt?». Seine Schlussfolgerung: Ohne Einforderung der Umsetzung des internationalen Gesetzes gegen den Genozid wird es keinen Frieden geben.
Der Titel, den ich
gewählt habe, mag einigen vielleicht merkwürdig erscheinen. Doch ich kann
versichern, dass er alles andere als merkwürdig ist. Angesichts dessen, was
heute mit der Massenverbreitung gentechnisch veränderter Organismen - kurz GVO
genannt - in der gesamten menschlichen Nahrungskette auf dem Spiel steht, ist
ein Kriegszustand vorprogrammiert, wenn wir nicht rasch handeln und die Lage
verändern. Was damit gemeint ist, möchte ich anhand einiger Aspekte aus meinem
neuen Buch «Seeds of Destruction: The Geopolitics of Geneocide» («Die Saat der
Zerstörung: Die Geopolitik des Genozids»), kurz erläutern.
Legt man den Massstab der Nürnberger Prozesse an, so kann und muss die
Verbreitung von genverändertem Getreide und GVO-Nahrung auf der ganzen Welt als
ein «Verbrechen gegen die Menschlichkeit» eingestuft werden. Solange wir die
wahre Natur dieser Problematik nicht zur Kenntnis nehmen, wird keinerlei Friede
möglich sein, am allerwenigsten ein gerechter Friede für alle Völker.
Im Kern stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage des Genozids. Ich zitiere
die «Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes» der
Vereinten Nationen von 1948. Deren Artikel II definiert den Begriff des
Völkermordes: «In dieser Konvention bedeutet Völkermord eine der folgenden
Handlungen, die in der Absicht begangen wird, eine nationale, ethnische,
rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören:
a) Tötung von Mitgliedern
der Gruppe;
b) Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischem Schaden an
Mitgliedern der Gruppe;
c) vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet
sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen;
d) Verhängung von Massnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe
gerichtet sind.»
Artikel III lautet: «Die folgenden Handlungen sind zu bestrafen:
a) Völkermord,
b) Verschwörung zur Begehung von Völkermord, [...]
e) Teilnahme am Völkermord.»
Und Artikel IV:
«Personen, die Völkermord oder eine der sonstigen in Artikel III aufgeführten
Handlungen begehen, sind zu bestrafen, gleichviel ob sie regierende Personen,
öffentliche Beamte oder private Einzelpersonen sind.»
Ich möchte anhand von drei Fällen, die mit dem Einsatz von genmanipulierten
Organismen zu tun haben, illustrieren, warum wir die Umsetzung des
internationalen Gesetzes gegen den Genozid einfordern müssen. Wir müssen
Prozesse gegen Regierungen, Wissenschaftler und private Unternehmer in Gang
setzen, die sich daran beteiligen, unserer Bevölkerung eine GVO-Landwirtschaft
anzudrehen. Das erste Beispiel betrifft das GVO-Getreide im Irak. Danach zeige
ich auf, wie Argentinien mit GVO-Getreide überrollt wurde, und schliesslich
befasse ich mich mit einer kleinen Biotechnologie-Firma in San Diego.
«Der Grund, warum wir im
Irak sind, ist, die Saat der Demokratie zu säen, damit sie dort gedeihen und
sich im gesamten Gebiet der autoritären Regimes verbreiten kann.» - George W.
Bush
Als George W. Bush davon sprach, die «Saat der Demokratie» zu säen, haben wohl
nur wenige daran gedacht, dass er das Saatgut von Monsanto meinte. In der Folge
der US-Besatzung im Irak im Mai 2003 wurde Paul Bremer III, ein früherer
Weggefährte Henry Kissingers, von der Übergangsverwaltung der Koalition
(Coalition Provisional Authority - CPA) als Verwalter eingesetzt. Bremer hatte
die Kontrolle über das gesamte Gebiet und erstattete jeweils Bericht an Donald
Rumsfeld. Im April 2004 erliess Bremer 100 neue, langfristig verbindliche
Gesetze, um den Irak unter Kontrolle zu halten. Die von den Vereinigten Staaten
verfügten Gesetze, die Orders, wie sie genannt wurden, sollten sicherstellen,
dass der Wiederaufbau der Wirtschaft des Irak eine Neuauflage des von den USA
angeordneten Modells des «freien Marktes» wird. «Das Konzept ist, daraus einen
völlig freien Markt zu machen», sagte ein Sprecher des Büros für den
Wiederaufbau des Irak bei USAID (US Agency for International Development).
Zu den Erlassen von Bremer gehörte Order 81, das «Patent-, Industriedesign-, Geheiminformations-, Integrierte Schaltungs- und das Pflanzenartengesetz».
Order 81 erteilte den Inhabern von Patenten auf bestimmte Pflanzenarten, lauter grosse ausländische multinationale Firmen, die absoluten Rechte über die Anwendung ihres Saatguts in der irakischen Landwirtschaft für die Dauer von 20 Jahren. Bei den geschützten Pflanzenarten handelte es sich um genetisch veränderte Organismen (GVO).
Die Iraker betreiben seit
etwa 8000 vor Christus Landwirtschaft; und sie haben Saatgut-Arten für fast
jede Weizenart entwickelt, die man heute auf der Welt nutzt. Sie praktizierten
ein bestimmtes System, indem sie Saatgut aufbewahrten, wieder einpflanzten und
im Laufe der Zeit Hybrid-Arten heranzogen, die eine natürliche
Widerstandsfähigkeit aufwiesen. Unter Order 81 ist dies jetzt de facto illegal.
Seit vielen Jahren bewahrten die Iraker Proben dieser kostbaren natürlichen
Saatgut-Arten in einer nationalen Saatgut-Bank in Abu Ghraib auf. Unter der
US-Besatzung verschwand diese ausserordentlich wertvolle Saatgut-Bank.
Die CPA-Order 81 übergab die zukünftige Nahrung des Irak den globalen,
multinationalen Privatfirmen. Geschrieben wurden die Details der Order 81 für
Paul Bremer vom Monsanto-Konzern, dem weltweit führenden Lieferanten für
GVO-Saatgut und -Getreide.
Im Zuge des Irak-Kriegs
waren die irakischen Bauern gezwungen, sich an ihr staatliches
Landwirtschaftsministerium zu wenden, um neues Saatgut zu erhalten. Vordergründiges
Ziel der Order 81 war‚ «gutes Qualitäts-Saatgut im Irak zu garantieren und den
Beitritt des Irak zur Welthandelsorganisation WTO zu unterstützen». Was «gute
Qualität» war, wurde von den Besatzungsbehörden definiert. Sobald die Order 81
herausgegeben war, begann USAID mit der Lieferung von Tausenden von Tonnen aus
den USA stammenden «hochwertigen zertifizierten Weizen-Saatgutes», das
subventioniert war und vom Landwirtschaftsministerium anfangs nahezu kostenlos
an verzweifelte irakische Bauern verteilt wurde. USAID verweigerte unabhängigen
Wissenschaftlern die Erlaubnis, festzustellen, ob es sich bei diesem Saatgut um
GVO-Saatgut handelte oder nicht.
Zweck der Order 81 war die Etablierung eines neuen Marktes für Saatgut im Irak,
auf dem transnationale Konzerne ihr - genmodifiziertes - Saatgut verkaufen
können, das die Bauern in jeder Saison aufs neue würden kaufen müssen. Die alte
irakische Verfassung hatte den privaten Besitz von biologischen Rohstoffen
verboten. Das neue, von den USA aufgezwungene Patentrecht führte ein System
verschiedener Monopolrechte auf Saatgut ein.
Sechs Sorten von
Weizen-Saatgut sollten für den Irak entwickelt werden. Drei davon sollten von
Bauern verwendet werden, um jenen Weizen anzubauen, den man für Pasta braucht.
Das heisst, 50% des Getreides, das nach 2004 im Irak mit Hilfe der USA angebaut
worden war, war für den Export vorgesehen, denn Pasta ist ein Nahrungsmittel,
das der irakischen Ernährung fremd ist.
Im Frühjahr 2004, als die Order 81 von Bremers Übergangsverwaltung verkündet
worden war, protestierten Anhänger des radikalen jungen Geistlichen Moqtada al
Sadr gegen die Schliessung der Zeitung al Hawza durch die amerikanische
Militärpolizei. Die Übergangsverwaltung hatte al Hawza angeklagt, «falsche
Artikel» veröffentlicht zu haben, «die eine echte Bedrohung durch Gewalt
darstellen». Als Beispiel zitierte man einen Artikel, in dem behauptet wurde,
Bremer «verfolge eine Politik, das irakische Volk verhungern zu lassen und die
Menschen so mit der Sorge um ihr tägliches Brot zu beschäftigen, dass sie keine
Gelegenheit finden, ihre politische und individuelle Freiheit zu fordern.»
Kein Land erlebte eine so
radikale Umgestaltung seiner Landwirtschaft wie Argentinien.
In den 70er Jahren verfügte Argentien über einen bemerkenswerten
Lebensstandard. Das Landwirtschaftssystem war vielfältig, produktiv und
hauptsächlich von kleinen Familienbetrieben bestimmt. Die Qualität des
argentinischen Rindfleischs war damals so gut, dass es mit dem texanischen
konkurrieren konnte. Der reiche Landbau und die Farmen erwirtschafteten einen
grossen Mehrertrag, der weit über den heimischen Nahrungsbedarf hinausging. Die
Landwirtschaft brauchte keine staatlichen Subventionen, und die Schulden der
Farmer waren minimal. Das alles änderte sich mit der Schuldenkrise in den
1980er Jahren.
Im Jahre 1989 kam mit Präsident Carlos Menem, einem engen Freund von George
Bush Sen. und David Rockefeller, eine neue Phase der wirtschaftlichen Zerstörung
über das Land, die dem Ablauf ähnelte, den John Perkins so anschaulich in
seinem Buch «Bekenntnisse eines Economic Hitman» beschrieben hat. Mit dem
Argument, der Export von GVO-Sojabohnen sei notwendig, um die Auslandsschulden
zu bezahlen, transformierte Menem die Landwirtschaft Argentiniens in eine neue
Monokultur für den Export.
Im Jahre 1991 wurde Argentinien zum geheimen Experimentierfeld, auf dem die
Verwendung von gentechnisch manipulierten Pflanzen für die landwirtschaftliche
Produktion getestet werden sollte. Menem setzte eine Beraterkommission für
Biotechnologie ein, um die Lizenzvergabe für Feldversuche an GVO-Maissorten,
Sonnenblumen, Baumwolle, Weizen und insbesondere an Sojabohnen zu überwachen.
Eine öffentliche Debatte von seiten der Regierung oder der Kommission darüber,
ob GVO-Pflanzen eine sichere Sache seien, gab es nicht. Bis dahin waren
nirgendwo sonst GVO-Pflanzen in diesem Ausmass angebaut worden.
Die Biotechnologie-Kommission traf sich im geheimen, ihre Forschungsergebnisse
wurden niemals veröffentlicht. Sie handelten im Auftrag ausländischer
transnationaler GVO-Saatgutkonzerne. Das wiederum war keine Überraschung,
schliesslich waren die Kommissionsmitglieder Angestellte von Monsanto, Syngenta
und Dow AgroSciences. 1996 vergab Menem eine Lizenz an den Monsanto-Konzern aus
St. Louis, Missouri, dem weltgrössten Hersteller von genmanipuliertem
Sojabohnen-Saatgut, einem strategisch wichtigen Futtermittel für die weltweite
Landwirtschaft.
Nachdem nach 1996 GVO-Sojabohnen-Saatgut in die argentinische Landwirtschaft
eingebracht worden war, begannen grosse ausländische Firmen wie Cargill und
ausländische Versicherungsgesellschaften und Konzerne wie beispielsweise
Seabord Corp. mit Massenaufkäufen von jetzt (in Dollars gerechnet)
spottbilligem argentinischem Ackerland. Der Boden Argentiniens wurde in eine
riesige industrielle Produktionsstätte für Saatgut umgewandelt.
Als Folge der Wirtschaftskrise gaben die Banken Millionen von Hektar besten
Ackerlandes zur Versteigerung frei. Die einzigen Käufer, die Dollars
investieren konnten, waren ausländische Gesellschaften oder Privatpersonen. Den
Kleinbauern bot man Pfennigbeträge für ihr Land, lehnten sie das ab, vertrieb
man sie manchmal mit Terror oder Polizeigewalt. Im Jahre 2001 war der New
Yorker Milliardär und Hedgefond-Spekulant George Soros mit seiner
argentinischen Holding-Gesellschaft, Adeco Agropecuria, der grösste
Landbesitzer in Argentinien.
Zur Profitmaximierung wurden nach dem Vorbild von Kansas ausgedehnte
Landflächen so hergerichtet, dass riesige Landwirtschaftsmaschinen rund um die
Uhr betrieben werden konnten. Die Anlagen werden oft mittels
GPS-Satelliten-Navigation ferngesteuert, so dass nicht einmal ein Bauer nötig
ist, um einen Traktor zu fahren. Ein Landwirtschaftssystem, das einstmals auf
der Grundlage von produktiven Familienbetrieben funktionierte, wurde
zurückgeworfen in einen neofeudalistischen Zustand, beherrscht von einer
Handvoll mächtiger, reaktionärer, reicher Grossgrundbesitzer im Stile der
Latifundisdas.
Die GV-Soja-Revolution in Argentinien gestaltete die Landwirtschaft innerhalb
von zehn Jahren völlig um. In den 1970er Jahren hatten Sojabohnen keine
wesentliche Rolle gespielt. Im Jahre 2004, nach 8 Jahren Monsanto, waren mehr
als 14 Millionen Hektar GV-Sojabohnen angebaut worden. Grosse Maschinen hatten
die Wälder gerodet, darunter auch kostbaren Regenwald im Amazonasgebiet.
Landwirtschaftliche Vielfalt wich innerhalb kürzester Zeit einer Monokultur.
Mehr als ein Jahrhundert lang bestand das argentinische Ackerland, vor allem
die Pampas, aus weiten Mais- und Weizenfeldern inmitten grüner Weiden, auf
denen Viehherden grasten. Um die Bodenqualität zu erhalten, liessen die Bauern
auf den Äckern im Fruchtwechsel Getreideanbau dem Gras für das Vieh folgen. Mit
dem Sojabohnenanbau wurde das Land eine Monokultur, und weil die Sojapflanzen
dem Boden wichtige Nährstoffe entziehen, brauchen die Pflanzen immer mehr
chemischen Dünger von Monsanto. Die grossen Rinder- und Milchviehherden, die
jahrzehntelang frei auf den Weiden umhergezogen waren, wurden nun nach
US-Manier in enge Massenfutterparzellen gepfercht, um Platz für die
lukrativeren Sojabohnen zu schaffen. Der argentinische Agrar-Ökologe, Walter
Pengue, ein Spezialist auf dem Gebiet der Wirkung von GV-Sojabohnen, sagte
weitblickend: «Wenn wir so weitermachen, wird dieser Boden in vielleicht 50
Jahren überhaupt nichts mehr hervorbringen.»
Schon 2004 nahmen die Sojabohnenpflanzen fast die Hälfte, das heisst 48%, des
gesamten Ackerlandes in Argentinien ein, und 97% dieser Bohnen waren
GVO-Sojabohnen von Monsanto. Zwischen 1988 und 2003 war die Zahl der
argentinischen Milchviehalter auf die Hälfte reduziert worden. Zum ersten Mal
musste Milch eingeführt werden - aus Uruguay zu weit höheren Preisen. Weil der
Anbau von Sojabohnen Hunderttausende von ihrem Land vertrieben hatte, nahmen
Armut und Mangelernährung rapide zu.
Noch in den 1970er Jahren galt Argentinien als ein Land mit einem der höchsten
Lebensstandards der Welt. Prozentual lag 1970 der Anteil seiner Bevölkerung,
der offiziell unter der Armutsgrenze lebte, bei 5%. 1998 war der
Bevölkerunganteil unter der Armutsgrenze schon auf 30% gestiegen, und 2002
bereits auf 51%.
Im Jahre 2003 stieg die Unterernährung, die man im früheren Argentinien nie
gekannt hatte, auf eine geschätzte Höhe zwischen 11% und 17% bei einer
Gesamtbevölkerung von 37 Millionen an. In Mitten der einschneidenden nationalen
Wirtschaftskrise, die aus den Staatsdefiziten resultierte, muss-ten die
Argentinier einsehen, dass sie nicht länger in der Lage waren, ihr Überleben so
wie früher auf einem kleinen Stückchen Land sichern zu können. Das Land war
überzogen mit riesigen GVO-Sojaflächen, die sogar den Anbau von normalem,
lebensnotwendigem Getreide blockierten.
Feudale Grossgrundbesitzer begannen mit einer Massenabholzung des Waldes, um
für massenhaften GVO-Sojaanbau Platz zu schaffen. Plötzlich wurde den
bäuerlichen Gemeinschaften mitgeteilt, ihr Land gehöre jemand anderem. Wenn sie
sich dann weigerten, freiwillig wegzugehen, stahlen bewaffnete Gruppen oft ihr
Vieh, verbrannten ihr Getreide und drohten noch mehr Gewalt an. Innerhalb
weniger Jahre wurden so mehr als 300000 Kleinbauern und Farmer von ihrem Land
vertrieben.
Da die GV-Sojabohnen-Revolution die traditionelle landwirtschaftliche
Produktion zerstört hatte, erlebten die Argentinier einen dramatischen Wandel
der verfügbaren Nahrungsmittel. Der Wirtschaftskrise im Jahre 2002 war die
Bevölkerung auf Grund der neuen Sojabohnen-Monokultur hoffnungslos
ausgeliefert. Hunger breitete sich über das Land aus. Nun fürchtete die
Landesregierung Aufstände wegen der fehlenden Nahrungsmittel, und sie
reagierte, unterstützt von Monsanto und den riesigen internationalen
Sojabohnenabnehmern wie Cargill, Nestlé und Kraft Foods darauf. Obwohl diese
Sojabohne als Tierfutter angebaut wurde, verteilte man den Hungernden mildtätig
Sojaspeisen, um einen stärkeren Konsum von Sojabohnen zu fördern.
Auf dem Lande waren die Auswirkungen der Sojabohnen-Monokultur noch
verheerender. Die traditionellen bäuerlichen Gemeinschaften in der Nähe der
riesigen neuen Sojabohnen-Plantagen waren ernstlich betroffen, durch das
Besprühen der Sojabohnen aus der Luft mit Pestiziden, dem Glyphosat Roundup
Ready von Monsanto. In Loma Senes fanden die Bauern, die dort verschiedene
Gemüse für ihren Eigenbedarf angebaut hatten, die gesamte Ernte vernichtet,
nachdem die angrenzenden Felder mit Roundup Ready besprüht worden waren, einem
Pestizid, das alle Pflanzen vernichtet, ausser den speziellen, genmanipulierten
Monsanto-Pflanzen, die «Unkrautvernichtungsmittel-resistent» sind.
Eine Studie von 2003 zeigt, dass das Besprühen nicht nur ihre Ernte zerstört
hatte. Ihre Hühner waren gestorben und andere Tiere vor allem Pferde erlitten
Schaden. Bei den Menschen führten die gesprühten Unkrautvernichtungsmittel zu
schwerer Übelkeit, Durchfall, Erbrechen und Hautverletzungen. Aus Berichten
geht hervor, dass Tiere in der Nähe von GVO-Sojabohnenfeldern mit Missbildungen
geboren wurden. Man hörte von missgebildeten Bananen und Süsskartoffeln, von
Seen, die plötzlich voller toter Fische waren. Bauernfamilien berichteten, nach
dem Besprühen der nahegelegenen Sojafelder bei ihren Kindern seltsame Flecken
auf dem Körper entdeckt zu haben.
In San Diego gab im
September 2001 eine kleine private Firma für Biotechnologie namens Epicyte eine
Pressekonferenz. Epicyte berichtete, sie hätten erfolgreich das ultimative
GVO-Getreide entwickelt - empfängnisverhütenden Mais. Dafür hätten sie von
Frauen mit einer seltenen Anlage, bekannt als Immun-Unfruchtbarkeit, Antikörper
gewonnen. Anschliessend habe man die Gene isoliert, die für diese
Unfruchtbarkeits-Antikörper zuständig sind, und sie mit Hilfe von Gentechnik in
gewöhnliche Maispflanzen eingebaut.
«Wir haben ein Treibhaus voller Maispflanzen, die Abwehrstoffe gegen Spermien
bilden», brüstete sich der Präsident von Epicyte, Mitch Hein.
Epicyte hatte gerade einen Forschungs- und Lizenzvertrag mit dem Gentech-Riesen
Dow Chemical abgeschlossen - dem früheren Produzenten des in Vietnam
angewendeten Agent Orange und einem der drei Agrobusiness-Giganten für
genetisches Saatgut in den USA. Der Zweck dieses Joint-venture, so liess man
damals verlauten, sei die Kombination des technologischen Durchbruchs von
Epicyte mit der Stärke von Dow AgroSciences auf dem Gebiet der genetischen
Manipulation von Getreidepflanzen. Epicyte war auch eine Zusammenarbeit mit
Syngenta eingegangen, einem schweizerischen Giganten auf dem Gebiet des
GVO-Saatguts. Im Oktober 2002 berichtete CBS-News, dass auch das
Landwirtschaftsministerium der Vereinigten Staaten landesweite Feldversuche mit
dem Anbau von Pharmaziebestandteilen in verschiedenen Pflanzen finanziert habe,
dazu gehörte auch die Unterstützung der Spermizid-Getreidetechnologie von
Epicyte.
Epicyte präsentierte seinen genmanipulierten Spermizid-Mais als einen Beitrag
zum Problem der weltweiten «Überbevölkerung». Man vermutet, dass er ab 2006
oder 2007 kommerziell genutzt werden kann.
Nach der Presseerklärung war die Diskussion von Epicytes Durchbruch wieder vom
Tisch. Die Firma selbst wurde im Mai 2004 von einer privaten
Biotech-Gesellschaft aus Pittsboro in North Carolina übernommen. Biolex
erwarb Epicyte Pharmaceutical. In den Medien war nichts mehr zu hören über die Entwicklung von
Spermizid-Mais. Das Thema verschwand von der Bildfläche.
Aus informierten Kreisen aber war zu hören, die Forschung werde auf geheimer
Grundlage weiterverfolgt, da Mais, nach dessen Verzehr das männliche Sperma
unfruchtbar sein würde, politisch von explosiver Bedeutung ist. Die
mexikanischen Farmer waren sowieso schon in Aufruhr wegen der unerlaubten
Verbreitung von genmanipuliertem Mais mitten in der Schatzkammer Mexikos für
Maisanbau in Oaxaca. Man kann sich daher vorstellen, welche Auswirkung es
gehabt hätte, wenn der Mais, das Hauptnahrungsmittel der meisten Mexikaner,
untersucht würde und herauskäme, dass er Epicytes empfängnisverhütende
Antikörper enthielte. «Möchten der Herr einen empfängnisverhütenden Maiskolben
oder vielleicht eine Killer-Tortilla?» Oder wie wäre es mit der Schüssel Cornflakes
nebendran?
Angefangen vom Terminator-Selbstmordsaatgut bis hin zum genmanipulierten Mais
mit empfängnisverhütender Wirkung wurde bald klarer, warum mächtige elitäre
Zirkel in den Vereinigten Staaten, engagierte Neo-Malthusianer, die Einführung
von genmanipuliertem Saatgut in die Nahrungsketten der Welt zu ihrem obersten
strategischen Ziel erkoren haben. Diese Elite setzt sich nicht allein aus den
Rockefeller- und Ford Foundations und anderen Stiftungen zusammen, die eng
verwoben sind mit dem privaten Familienvermögen der reichsten Familien
Amerikas. Es gehören auch das US-Aussenministerium, der Nationale
Sicherheitsrat, das US-Landwirtschaftsministerium und führende politische
Kreise des Internationalen Währungsfonds, der Weltbank und der Behörden der Vereinigten
Staaten, einschliesslich der WHO und der FAO, dazu.
Die Reduzierung der Bevölkerungszahlen und genmanipulierte Pflanzen waren Teil
der gleichen umfassenden Strategie: einer drastischen Verminderung der
Weltbevölkerung. Einige, vor allem Menschen aus der katholischen Kirche und
deren Umfeld sowie Minderheitenorganisationen in den USA und im Ausland hatten
den Mut, den Vorgang als das zu bezeichnen, was er wirklich ist: Genozid - die
systematische Ausmerzung ganzer Bevölkerungsgruppen als vorsätzliches Handeln
im Namen der «Lösung des Welt-Hungerproblems».
Die Unterstützung der Regierungen der USA und Englands bei der globalen
Verbreitung von genmanipuliertem Saatgut war eigentlich die Weiterführung der
Politik der Rockefeller Foundation seit den 1930er Jahren. Damals finanzierte
sie die eugenische Forschung der Nazis: Massenweise und billige Reduktion der
Bevölkerungszahlen - Rassenreinheit durch Eugenik.
1925 äusserte sich Winston Churchill, ein schlimmer Rassist, zustimmend über
die Möglichkeiten der biologischen Kriegsführung. Er schrieb über «Seuchen, die
methodisch eingeleitet und gezielt eingesetzt werden an Menschen und Tieren
[...], Mehlbrand zur Zerstörung von Pflanzen. Anthrax zur Tötung von Pferden
und Vieh [...]». Im Jahre 1996 erläuterte Ted Turner, CNN-Gründer und
Milliardär, dessen Stiftung der Uno zum Zweck der «Bevölkerungskontrolle» eine
Milliarde Dollar schenkte, dass eine Welt mit nicht mehr als 225 Millionen
Menschen ideal wäre. Das ist die Denkweise von ultrareichen, mächtigen und
paranoiden Menschen. Leider üben sie aber enormen Einfluss in der normalen Welt
aus.
Das Sunshine Project, ein kritisches Forschungsprojekt zur Aufdeckung
biologischer Waffenproduktion und genetischer Manipulation, berichtete, dass
«Forscher in den USA, Grossbritannien, Russland und Deutschland über genetisch
manipulierte biologische Waffenwirkstoffe verfügen, die neue tödliche
Spielarten bildeten [...]. Genmanipulation kann dazu benutzt werden, das
klassische Biowaffenarsenal zu erweitern [...].» In den 1980er Jahren, als die
Rockefeller-Stiftung ihr grosses Projekt für genmanipulierten Reis startete,
das den Beginn der Genrevolution kennzeichnete, begann das amerikanische
Pentagon unbemerkt mit der militärischen Anwendung von Biotechnologie.
Bezeichnenderweise verweigerte die Bush-Administration im Jahre 2001 im
Zusammenhang mit GVO-Spermiziden und anderen Entwicklungen der Genrevolution
die Annahme eines internationalen Verbots zur Entwicklung von Biowaffen. Es
handelte sich um die rechtsverbindliche Biowaffenübereinkunft, und die
Weigerung der USA führte zum Scheitern der internationalen Gespräche. Im Jahre
2004 kam eine Studie der British Medical Association (Britische
Ärztegesellschaft) zum Schluss, die Welt sei nur noch wenige Jahre entfernt von
«schrecklichen Biowaffen, die in der Lage sind, nur die Menschen zu töten, die
zu einer spezifischen ethnischen Gruppe gehören», wobei man auf die
Fortschritte auf dem Gebiet der «genetischen Waffentechnologie» verwies.
«Wir sind geneigt zu sagen, dass niemand, der bei klarem Verstand ist, diese
Dinge jemals anwenden würde», bemerkte der Biophysiker der Stanford-Universität
Professor Steven Block, ein Mann mit jahrelanger persönlicher Erfahrung mit
geheimen biologischen Forschungen des Pentagon und der Regierung. «Aber»,
ergänzte er, «nicht alle sind bei klarem Verstand [...].» Eine Welt, in der
vier private Gesellschaften die Kontrolle über Leben und Tod in bezug auf
unsere Nahrungsmittelsicherheit in Händen halten, ist eine Welt, in der Frieden
unmöglich ist. Ich möchte Sie ermutigen, das Buch zu lesen und zu diskutieren.
Zeit-Fragen Nr.43 vom 31.10.2005